Was die meiste Gartenarbeit verursacht - TOP 3: Übertriebener Rasenfetisch

Rasenflächen gehören zum guten Grünton eines Gartens, bilden den immergrünen Grundlayer, gelten als pflegeleicht und finden sich in nahezu jedem Garten. Und können viel Arbeit verursachen.

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Bisher in der Serie Pflegeleicht? erschienen:


Pflegeleicht!


TOP5: Verwendung von Einjährigen und nicht winterharten Pflanzen


TOP4: Falsche Belagswahl im Garten


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Für eine topgepflegte, dichtnarbige und sattgrüne Rasenfläche wartet hier noch viel Arbeit



Wer einen wirklich gepflegten und dichtnarbigen Rasen ohne Moos, Klee, Löwenzahn und Gänseblümchen haben möchte, der muss seinen Rasen während der Wachstumsperiode am besten wöchentlich mähen, dazu regelmäßig düngen und – um eine nachteilige Veränderung der Gräsergesellschaft zu verhindern – bei Trockenheit stets ausreichend wässern


Ohne näher auf die Unverzichtbarkeit regelmäßigen Vertikutierens und Aerifizierens einzugehen, merken Sie: Ganz so pflegeleicht ist eine Rasenfläche bei gewissen Ansprüchen gar nicht … 


Besonders anstrengend und aufwändig wird es, wenn hohe Ansprüche an eine lückenlose, sattgrüne Rasenfläche auf große Bäume und der von ihnen erzeugten Schattenlage der Fläche treffen.





Randlage einer Rasenfläche unter der Krone 

einer großen Magnolie: Trockenheit, Beschattung 

und Tritt lassen hier auf der ehemals mit einer Schattenvariante eines Rollrasenherstellers 

ausgelegten Fläche keinen Rasen mehr wachsen 



Jörg Pfenningschmidt, Autor des Buches ‚Hier wächst nichts. Notizen aus unseren Gärten‘ (zusammen mit Jonas Reif, Ulmer Verlag), fragt sich


 woher die absurde Vorstellung kommt, dass Rasen der pflegeleichteste Teil eines Gartens sei (…)“ 


und äußert eine Vermutung, warum ein Garten ohne Rasenflächen für viele Gartenbesitzer unvorstellbar sind:



„Rasen nimmt dabei eine Sonderstellung im Garten ein. Im Gegensatz zu Bäumen, Sträuchern, Unkraut und Stauden, die eindeutig dem Reich der Pflanzen zugeordnet werden, wird Rasen als Hybridzustand zwischen belebter und unbelebter Materie angesehen. Rasen ist nicht direkt Pflanze und nicht direkt Teppich.“

 





Hybridzustand zwischen belebter 

und unbelebter Materie




Erstaunlich verbreitet sind noch immer kleine bis winzige Rasenflächen in Vorgärten, gerne auch in Nierenform: Hier wird der grüne „Teppich“ ausschließlich zum Rasenmähen betreten – denn für einen Automover sind die Flächen schicht zu klein. Das ist zwar immer noch besser als ein Schottervorgarten oder ästhetischer als das Konzept ‚schwarze Erde plus mittig ausgerichteter Strauch‘, aber die Mahd dieser Winzflächen ist letztlich reine repetitive Pflichterfüllung. 

 





Vorgarten-Rasenfläche unter einem Baum, 

Flächengröße ca. 3 qm: Macht Rasenpflege 

hier wirklich Freude? 



Eine bodendeckende Bepflanzung als Rasenersatz (kleinflächig, ideal für eine Fläche wie auf dem obenstehenden Foto zu sehen) kann die Pflege derartiger Flächen verringern – ohne  (bei richtiger Pflanzenauswahl) auf einen ein ganzjährig grünen Teppich verzichten zu müssen.







Rasenersatz im 'Miniland' des LEGOLAND Billund: Zwischen Gebäuden, Kanälen und Grachten und unter Bonsai-Bäumchen bilden an vielen Stellen Waldsteinia ternata (links im Bild) und Cotula dioica (Mitte/ rechts) die flach bodendeckende Rasen- und Strauchvegetation

Bild unten: Cotula lässt sich sogar beweiden ;-)



Für absonnige bis schattige Flächen eignen sich beispielsweise Cotula-Arten und Sorten (Zwerg-Fiederpolster, begehbar), Waldsteinia ternata 

(Teppich-Ungarwurz, bildet flache Teppiche, weniger trittfest) oder auch das mattenbildende Sternmoos (Sagina subulata), was beispielsweise in den Projekten ‚Gärten des Jahres 2022‘ ‚trendet‘ und mehrfach als Fugenvegetation zwischen Schrittplatten auftaucht. 

 

Nicht ganz so flach wachsen die klassischen bodendeckenden Stauden aus dem Lebensbereichen Gehölz/ Gehölzrand wie z.B. die Gruppe der wintergrünen Sorten und Arten der Elfenblume (Epimedium), die wintergrüne Fragaria vesca (Monats-Erdbeere) oder der immergrüner Laubschlucker Pachysandra terminalis.

 

Für sonnige Flächen auf eher ärmeren, trockenen Böden eignet sich der rasenbildende Scharfe Mauerpfeffer (Sedum acre) oder das Bruchkraut (Herniaria glabra). 

 

Auf frischen bis feuchten Böden in der Sonne funktionieren der heimische wintergrüne Kriechende Günsel (Ajuga reptans) oder die ebenfalls wintergrüne Monats-Erdbeere (Fragaria vesca, Vorsicht: Ausläufer können nerven) sowie viele wintergrüne Storchschnabel (Geranium), wobei diese wenig trittfest sind.

 

Als bodendeckender wintergrüner Rasenersatz auch auf größeren sonnige Flächen mit trockenem bis frischem Boden bietet sich mit seinem starken Ausbreitungsdrang der etwa 30 cm hohe Halbstrauch Hypericum calycinum (Teppich-Johanniskraut) an. Dessen ursprüngliche Herkunft vom Balkan aus der Gegend um Griechenland, dem südöstlichen Bulgarien und Türkei deutet bereits auf eine gute Trockenheitsverträglichkeit der Pflanze hin (Sommer 2022). Der Halbstrauch gilt als bester blühender Bodendecker.


Für alle diese Vorschläge gilt allerdings auch: Eine Nutzung wie eine Rasenfläche erlauben diese Pflanzungen nicht - aber das wird von Rasenersatzflächen wie im Falle der Mini-Vorgartenrasenfläche ohnehin nicht erwartet.

 

 

‚Pflegeleicht‘ lässt sich bei Betrachtung eines möglichen Maschineneinsatzes bei Rasenflächen vielleicht am treffendsten durch den Begriff ‚pflegeeinfach‘ ersetzen

 

‚Zum Rasenmäherschieben findeste immer jemanden‘ wusste schon Großvater– und heutzutage kann das Rasenmähen natürlich auch durch einen Rasenmähroboter (Automover) erfolgen – mit allen unerwünschten Auswirkungen auch auf die Pflanzen- und Insektenwelt.


(Insektenfreundlicher Garten; Zierrasen: zwischen pflegeleicht und artenarm)

 

Sprechen wir über Rasen, so gehören unter dem Aspekt der Pflegeleichtigkeit unbedingt auch die Rasenkanten als Abgrenzung zu benachbarten Vegetationsflächen dazu: In Pflanzflächen, keine eine eigene Einfassung mitbringen, wächst Rasen ein. Die Kanten müssen gestochen, Gräseraufwuchs aus Nachbarflächen entfernt werden.





Von Gräsern überwachsene Abgrenzung zwischen 

Rasen- und Pflanzfläche: 

Einfassungen aus Feldsteinen sind nicht pflegeleicht 

und auch als Randbegrenzung für den Einsatz von Automovern ungeeignet 



Eine wenigstens 10 cm breite Steinkante wie aus Natursteinpflaster (Großpflaster), Betonsteinpflaster oder einer Klinkerroll-/ Flachschicht hat den Vorteil, dass der Rasenmäher an/ auf dieser Kante geführt werden kann. Bei korrekter Verlegung der Begrenzungsschleife für den Automover, also dem richtigen, jeweils modellspezifischem Abstand von der Mähkante lässt sich mittels Mähkanten ein randscharfer Schnitt erzielen. Nacharbeiten können so weitgehend entfallen.






Bild links: Feldsteine (hier: noch im frisch verlegten Zustand) sind als Abgrenzung zwischen Rasen- und Pflanzfläche ungeeignet, da Rasen in die Fugen einwächst und aufgrund der uneinheitlichen Kante nicht randscharf gemäht werden kann | Bild rechts: funktionale und optisch gute Mähkante aus gebrauchtem Natursteinpflaster


 

Kleine Pflanzinseln innerhalb einer Rasenfläche haben im Post-Elektrokabel-Rasenmäher Zeitalter hinsichtlich der eines Fadenspiels gleichen Anforderungen an die Kabelführung ihren Schrecken verloren.





Für manche ein Träumchen aus Rasen und Rosen, für manche ein Albtraum aus dem Leben eines Spiessers: Pflanzinselchen innerhalb einer Rasenfläche sind im Gartenzeitalter des Automovers nur eine Frage der korrekten Installation der Begrenzugsschleife

 


Mit Mähkanten eingefasste Inselchen wirken optisch leider schnell wie ein (zu) enges und aus gartenästhetischer Sicht eher spießiges Korsett. 

Eine Alternative können Rasenkanten-Bänder aus Stahl sein, die fast unsichtbar Rasen- von Pflanzfläche trennen, allerdings dann nicht die Rollfläche für das Rasenmäherrad bieten.

 

Die Sommertrockenheit 2022 hat viele Rasenflächen in graubraune kratzige Schrubberbürstenflächen verwandelt. Der Rasen sollte bei Trockenheit schon einmal grundsätzlich nicht zu kurz geschnitten werden, doch unter dem Strich geht es für eine satte Grünfärbung nicht ohne ausgiebige Wässerungsgänge. ‚Ausgiebig‘ bedeutet 10 bis 15 l je qm

 

Je nach Rasensprengermodell und dem Wasserdruck, der tatsächlich am Regner ankommt, bedeutet das Regnerlaufzeiten zwischen etwa 60 und 90 Minuten – je Beregnungssektor. Nur dann dringt das Wasser auch in tiefere Schichten ein und erlaubt größere Beregnungsintervalle nach der Formel ausgiebig aber nicht so oft. Ratgeber empfehlen sogar, nach Niederschlägen zu wässern, da die oberste Bodenschicht dann bereits durchfeuchtet sei. 

 





I will survive! Auch ohne Bewässerung erholen 

sich die meisten Rasenflächen dank ihrer

Regenerationskraft nach natürlichen 

Niederschlägen wieder. Foto oben: 15.08.22



26.08.22



14.09.22

 


20.09.22




Die Nutzung von Trinkwasser für derartige Rasenbewässerung wird künftig womöglich zumindest örtlich und zeitlich beschränkt werden. Gut, wenn eine Zisterne zur Zwischenspeicherung von Regenwasser hat. Und wenn für die Gartenbewässerung schon auf Trinkwasser zurückgegriffen werden muss, dann lässt sich das Wasser nachhaltiger für die Bewässerung von Bäumen, Obstbäumen und Gemüsekulturen einsetzen. 


Rasen und ‚pflegeleicht‘ – das geht bei Sommertrockenheit im Grunde nur zusammen, wenn auf die natürliche Regenerationskraft des Rasens bei ausreichend natürlichen Niederschlägen gesetzt wird – und bei der Herstellung der Rasenfläche das geeignete Saatgut verwendet wird. So gibt es speziell Rasensaatgutmischungen für trockenheiße Standorte oder für Schattenlagen. 

 

 


Abschließend ein Wort zu Rollrasen: 


Beim Rasen ‚von der Rolle‘ gibt es i.d.R. nur eine sehr begrenzte Auswahlmöglichkeit bezüglich der Gräserzusammensetzung – so bieten einige Hersteller einen speziellen Schatten-Rollrasen an. Das war es aber dann auch. Der Hauptvorteil des Rollrasens liegt im #schnell fertig und einer Abdeckung des Rasenplanums und damit einer hemmenden Wirkung auf Lichtkeimer im vorhandenen Boden. 



Rollrasen wird in der Rasenschule i.d.R. auf sandigen Böden und natürlich unter optimalen Bedingungen (Wasser, Dünger, Pflanzenschutzmittel) kultiviert.


Mit geeigneten Rasensaatgutmischungen lässt sich per Ansaat ein viel besser an die tatsächlichen Standortbedingungen der Fläche angepasster Rasen herstellen. 


Im Unterschied zum Rollrasen wird eine angesäte Fläche am Endstandort robuster und damit pflegeleichter sein.

 

Hinzu kommen Treibstoffverbrauch und Transportwege für den Rollrasen – alles in allem kein ökologisch vorteilhafter ‚Fußabdruck‘ des Rollrasens gegenüber mit einer geeigneten Saatgutmischung an angesäten Flächen. 

 




Chill mal, Rasen! Schattenplätzchen unter einem Apfelbaum im Jardin Plume (Normandie) - ein hinreissend poetischer (Gräser-)Garten, der mit Ausnahme der Gemüseflächen ohne künstliche Bewässerung auskommt/ auskommen muss



Weniger Rasenfetisch, mehr Gelassenheit in Sachen Rasen und keine Mini-Rasenflächen, so könnte das Fazit der TOP 3 der Arbeiten lauten, die (vermeidbare) Arbeit im Garten bedeuten.




Veröffentlicht in Pflanzenverwendung am 21.09.2022 8:29 Uhr.

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Inh.: Bettina Stoldt, Dipl.-Ing. agr. (FH)

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